News Sachspendensammlung für Flüchtlinge 11. Juli 2016

Sachspendensammlung Flüchtlinge

Jeden ersten Samstag im Monat wechseln im Schützengarten Sachspenden ihre Besitzer. Hilfsbereite Lustenauerinnen und Lustenauer bringen alles, was Dachboden, verwaiste Kinderzimmer und überfüllte Schränke hergeben und Lustenaus Flüchtlingen ist direkt und unkompliziert geholfen. Zwischen Fußballschuhen und Bettwäsche erlebt man beim Lokalaugenschein hautnah, wie einfach Helfen sein kann.

Es ist kurz nach neun, die Lustenauer kommen zahlreich an diesem Samstag, an dem es endlich einmal nicht regnet. Ganze Autofüllungen werden von den ca. zehn freiwilligen Helfern ausgeräumt. Trittroller und Dreiräder sind heute heiß begehrte Stücke der Bedarfsliste, die im Vorfeld von den Verantwortlichen des Netzwerkes für Flüchtlinge erhoben wurde.

„So können wir zielgerichtet arbeiten und bekommen im Großen und Ganzen immer das, was momentan gebraucht wird“, erklärt Andrea Hollenstein, Lustenaus Flüchtlingskoordinatorin. Die Liste wird im Gemeindeblatt veröffentlicht und kann auch online auf der Homepage der Gemeinde eingesehen werden. Das hilft, Platz und Ressourcen zu sparen und ermöglicht effiziente Hilfe mit den Dingen, die wirklich gebraucht werden.

Neues und Gebrauchtes

Sachspendensammlung Flüchtlinge Mustafa, Mohamed und Markus räumen Autos aus und nehmen Spenden entgegen: Jeden ersten Samstag im Monat können im Schützengarten Sachspenden für Flüchtlinge abgegeben werden.

Es herrscht ein reges Kommen und Gehen, Zeit für einen kurzen Plausch bleibt kaum, denn was zählt, ist Anpacken. Mit einem Lächeln bedankt sich Mohamed aus Syrien, gemeinsam mit seinen Freunden räumt er ein Auto nach dem anderen aus und den Dachboden des Schützengartens ein. Unten wird abgeliefert, oben sortiert.

Auch zu Fuß und mit dem Fahrrad werden Spenden vom Duschgel bis zum Skateboard gebracht, wobei nicht nur Second Hand Produkte abgegeben werden. Eine Spenderin hat ihren Kleiderschrank nach Verzichtbarem durchforstet und ist zudem noch einkaufen gegangen. Mit viel Schwung stellt sie ihren Fahrradkorb auf den provisorischen Tresen.

„Wir leben auf höchstem Niveau und ich kann mir in den schlimmsten Träumen nicht vorstellen, was die Kinder und ihre Eltern durch gemacht haben“, erklärt die ältere Dame ihre Motivation. Windeln, Kosmetikartikel und neue Unterwäsche spendet sie diesen Monat, in den Vordergrund drängen möchte sie sich aber nicht. Es gehe schließlich nicht um sie, sondern um Menschen, die absolut nichts mehr haben.

Das ist übrigens der Tenor aller freiwilligen Helfer: Unter die Arme greifen, wo es geht und nicht viel Wind darum machen. Solidarität scheint dabei kein Alter zu kennen. „Wow“, meint zum Beispiel die kleine Emilie, die heute mit Freundin und Mama angerückt ist und auf dem Dachboden ein Playmobil Schloss in Empfang nimmt. Fleißig sortieren die Mädels den ganzen Morgen Spiele, Puzzles und Lego - sie wissen, dass es anderen Kindern viel schlechter als ihnen geht. Eine Einstellung, die man von zu Hause mit auf den Weg bekommt. Mama Heike Riedmann-Hofer ist gerade mit T-Shirts und Pullovern beschäftigt und freut sich über tolle Babykleidung, denn viele Spender geben Sachen, die kaum gebraucht oder noch sehr gut erhalten sind.

Berührungsängste abbauen

Wieso Heike hilft? Das habe etwas mit christlichen Werten zu tun. „Ich sehe das als eine Form von Barmherzigkeit, ich kann helfen, also mache ich es aus Überzeugung.“

Ähnlich sieht das auch Marisa Kathan, sie sortiert gerade Gläser und Tassen, denn einige der Familien haben Asylstatus, sind auf Wohnungssuche und brauchen eine Grundausstattung, um ihr neues Zuhause einrichten zu können. Marisa hilft schon seit fast einem Jahr bei der Sachspendensammlung und spricht das an, was wahrscheinlich viele der freiwilligen Helfer anfänglich beschäftigte, die Angst vor dem Ungewissen. „Man hört viel Schlechtes und ich wollte mich einfach selbst davon überzeugen, wie die Flüchtlinge so sind.“

Was die Zukunft noch alles bringt, weiß auch Marisa nicht, bisher ist sie aber durchwegs positiv überrascht von den Fremden und den ersten Begegnungen, die sie mit viel Respekt und Herzklopfen gemeistert hat. Mittlerweile hat sie schon einiges an Arbeitsstunden und Engagement investiert, aber auch vieles zurückbekommen – vor allem das Gefühl, dass wir alle irgendwie gleich sind. „Ich hatte noch keine einzige schlechte Erfahrung, im Gegenteil, die Arbeit im Sachspendenlager bereichert mein Leben.“

Etwas mit nach Hause nehmen

Ingrid Härle, die damit beschäftigt ist, Kisten auszuräumen, welche ihr die Jungs gerade aus dem Lift gebracht haben, beschreibt einen der wichtigsten Arbeitsschritte. Die Schachteln seien wie kleine „Überraschungseier“ und man freut sich, dass die Lustenauerinnen und Lustenauer an ihre Mitmenschen denken.

Viele der Hilfesuchenden finden hier auf dem Dachboden des Schützengartens Dinge, die ihnen den Alltag erleichtern, was aber nimmt man als Helfende mit nach Hause? „Sicher mehr“, ist Ingrid überzeugt und lacht, „mich bringt dieses Projekt vor allem menschlich weiter, ich gehe jedes Mal unheimlich glücklich wieder heim“.

Dankbar sind auch die syrischen Helfer im Erdgeschoß, gerade wird ein Teppich geliefert, der perfekt in die Wohnung von Mohamed passt. Auch ein Kinderwagen kann bald stolzen Jungeltern überreicht werden, ein Punkt auf der Bedarfsliste, den man heute unbedingt abhacken wollte. Als Besucher ist man beeindruckt, denn das Wort, das man diesen Morgen am meisten gehört hat, verbindet alt und jung, fremd und einheimisch: Danke, šukran, شكرا

Sachspendensammlung

Wann? Jeden ersten Samstag im Monat von 9.00 – 11.00
Nächster Termin: 6. August 2016
Wo? Im Schützengarten, Lustenaus Treffpunkt für Soziales und Gesundheit, Schützengartenstr. 8