News Lustenau ist Baukulturgemeinde 2016 1. Februar 2016

Preisverleihung Baukulturgemeindepreis

Eine hohe Auszeichnung für die Gemeinde Lustenau: Mit dem LandLuft Baukulturgemeindepreis 2016 wird der konsequente Einsatz für eine qualitätvoll gestaltete Baukultur und eine zukunftsorientierte Gemeindeentwicklung unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde gewürdigt.

In einem aufwändigen, mehrstufigen Verfahren hatte die ExpertInnen-Jury unter dem Vorsitz von Universitäts-Professor Roland Gnaiger unter 23 eingereichten Gemeinden zehn österreichische Gemeinden sowie eine Region für den Preis nominiert. Der alle drei Jahre nun zum dritten Mal vergebene Baukulturgemeinde-Preis geht heuer an Lustenau, die Bregenzerwälder Gemeinde Krumbach und Ybbsitz in Niederösterreich. Ernsthofen (NÖ), Fließ (T), Moosburg und Velden am Wörthersee (K) sowie die Region Südsteiermark dürfen sich über Auszeichnungen freuen.

Preisverleihung in Wien

Preisverleihung Baukulturgemeindepreis Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer eröffnete die Preisverleihung im Wiener Palais Eschenbach. (Foto: MA20/Christian Fürthner)

Im Rahmen eines „Fests der Baukultur“ im Wiener Palais Eschenbach präsentierten „LandLuft“, der Verein zur Förderung von Baukultur in ländlichen Räumen und der Österreichische Gemeindebund am Donnerstag, den 28. Jänner die Gewinner des LandLuft Baukulturgemeinde-Preises 2016.

Im Rahmen der abendlichen Preisverleihung würdigten Roland Gruber (Obmann LandLuft), Heidi Leitner (Geschäftsführerin LandLuft), Roland Gnaiger (Jury-Vorsitzender) Helmut Mödlhammer (Präsident Österreichischer Gemeindebund) und Gudrun Schreiber (BKA:Kunst, i. V. BM Josef Ostermayer) das Engagement der Kommunen und aller Beteiligten.

Vorbildliche Gemeindeentwicklung mit Referenzprojekten

Kindergarten Rheindorf 2013 wurde der Kindergarten Rheindorf eröffnet. (Foto Marcel Hagen)

Ausschlaggebend für die Auszeichnung Lustenaus sind die eingereichten Referenzprojekte, von denen sich die Jury in einer mehrtägigen Visite selber ein Bild machte und bewertete:

Schon früh hat man sich in Lustenau für den Qualitätsanspruch seiner Bauten und den öffentlichen Raum eingesetzt: So wurde bereits 1986 als erste Vorarlberger Gemeinde ein Gestaltungsbeirat mit unabhängingen Architekten und Planern einberufen. Öffentliche Bauten in Lustenau zeichnen sich durch eine hohe Qualität in der Planung und Umsetzung aus: zB 1996 der mit dem Bauherrenpreis ausgezeichnete Rathaus-Zubau, 1999 der Neubau des Kindergartens Rosenlächerstraße, der 2011 behutsam vom Entbindungsheim zum Treffpunkt für Soziales und Gesundheit adaptierte „Schützengarten“ mit Quartiersentwicklung durch neues gemeinschaftliches Wohnen oder 2013 der Neubau des Kindergartens Rheindorf als Impulsgeber für das Ortsteilzentrum Rheindorf.

Parkstadion, Lustenau Sportpark Meilenstein für den Breitensport: Das 2014 eröffnete Parkstadion

2014 war ein wichtiges Jahr in der Weiterentwicklung der Sportgemeinde Lustenau mit der Eröffnung des Parkstadions und dem mit Jugendlichen entwickelten Jugendplatz „Habedere“.

Die Gestaltung des öffentlichen Raumes für alle Generationen fand 2013 mit der Eröffnung des Naturspielparks am Moosbach und dem 2014 grundlegend neugestalteten Naturjuwels Alter Rhein einen Höhepunkt.Schon seit 1997 schreibt der international anerkannte Millennium Park eine Erfolgsgeschichte in Sachen Wirtschaft und Baukultur.

Zentrumsentwicklung 2013 Seit 2013 widmet sich die Gemeinde wieder intensiv der Weiterentwicklung des Zentrums unter Einbindung der Bürgerinnen und Bürger. (Foto Lukas Hämmerle)

Für die Weiterentwicklung einer attraktiven Ortsmitte hat Lustenau seit 2013 einen Masterplan unter Beteiligung der Bevölkerung erarbeitet. Erste Projekte wie das beliebte W*ort, das Feldhotel als Vermittlerungsraum für das Zentrumsprojekt sind entstanden.

Durch weitere Maßnahmen soll das Zentrum zu mehr Aufenthaltsqualität in angenehmen öffentlichen Räumen mit mehr und generationenfreundlichem Wohnraum, Freiräumen mit Naturvielfalt und entspannter Fortbewegung mit weniger Autoverkehr gelangen.

Belohnung für gemeinsame Arbeit

Lustenau Millenniumpark Richtungsweisende Baukultur im Millennium Park (Marcel Hagen)

Bürgermeister Kurt Fischer ist stolz auf die Auszeichnung: „Unser Lustenau hat enorm viel Potenzial. Und wir wollen es gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern weiterentwickeln.

Der Baukulturpreis ist kein Preis, für den einer verantwortlich ist, sondern eine Belohnung für die gemeinsamen Anstrengungen für einen lebenswerten Raum, in dem sich Kreativität und Engagement entfalten und sich alle wohlfühlen können. Der Preis nimmt uns auch in die Pflicht, dranzubleiben und Lustenau weiterzuentwickeln.“

Buchpublikation und Wanderausstellung folgt

Eine umfangreiche Buchpublikation sowie eine Wanderausstellung zeichnen die baukulturellen Prozesse der prämierten Gemeinden nach und sollen andere zur Baukultur ermutigen.

Informationen zu den ausgezeichneten Projekten und Presseberichte gibt auf unserer Website sowie unter www.landluft.at.

Verleihung des Baukulturgemeinde-Preises am 28. Jänner, aus der Laudatio von Roland Gnaiger:

Juryvorsitzender Roland Gnaiger Juryvorsitzender Roland Gnaiger hielt die Laudatio (Foto Maria Kirchner)

„Lustenau im Vorarlberger Rheintal ist ein sonderbarer Ort, städtebaulich nicht zu definieren und kaum zu beschreiben. Weil Lustenau keine Vergleiche kennt. Mit nahezu 23.000 EinwohnerInnen ist Lustenau größer als manche österreichische Kleinstadt, aber weder als Stadt noch als Dorf zu identifizieren. Den Straßen fehlt grundsätzlich jene Logik, der man nur zu folgen braucht, um etwa zu einem Zentrum zu finden.

Historisch war der Ort eine Ansammlung von Landwirtschaften, weit verstreut zwischen Obstgärten. Die im 19. Jahrhundert boomende Textilindustrie, aus der Schweizer Nachbarschaft importiert, hat dieser Gemeinde zu einem beachtlichen Wohlstand verholfen. An einigen stattlichen Villen ist das noch erkennbar. Orte von der Größe und Struktur Lustenaus bringen regelmäßig auch die Jury des Baukulturgemeinde-Preises – der ja auf ländliche Verhältnisse fokussiert – an ihre Grenzen. Wie sind globale Dynamiken, die auch die Entwicklung von Lustenau bestimmen, zu bändigen? Welche Maßstäbe sind hier anzusetzen? Wohin kann die Entwicklung im besten Falle gehen?

Jury des Baukulturgemeindepreises Die Jury machte sich in einer mehrtägigen Visite ein Bild von den Referenzprojekten. (Foto G. Herder LandLuft)

Das Bewusstsein für Baukultur ist in Lustenau sehr früh gewachsen. 1986 wurde der erste Gestaltungsbeirat konstituiert – somit schon zwei Jahre nach dem ersten legendären Salzburger Gestaltungsbeirat. Also lange bevor große österreichische Städte diesem Beispiel folgten und sich dieses Modell auch in Vorarlberg etablierte.

Lustenau zeichnet alles aus, was wir als die tragenden Elemente von Baukultur definieren: Architekturwettbewerbe sind eine derartig selbstverständliche Praxis, dass sich auch Firmen und private Bauherren längst dieser Methode der Qualitätssicherung bedienen. Entsprechend hoch ist das architektonische Niveau vieler Bauten. Man könnte für Lustenau einen eigenen Architekturführer erstellen und würde eine Quantität an neuen, hochwertigen Bauten registrieren, wie sie etliche große österreichische Bezirke nicht vorzuweisen haben.

Politisch breit diskutierte Leitbildentwicklungen gehören wie Masterpläne, Strategieprozesse und Siedlungsanalysen zur Selbstverständlichkeit. Das gilt für die gewünschte Ortszentrumsentwicklung, für Ortsteile und das gesamte Ortsgebiet. Die sehr gezielte Attraktivierung und Unterstützung des öffentlichen Verkehrs erfuhr durch verschiedene Mobilitätspreise auch überregional Anerkennung.

Alter Rhein Der Naturpark Alter Rhein wurde 2014 grundlegend neu gestaltet.

Besonders erwähnenswert: die Neugestaltung des Naturbade- und Naherholungsgebiets Alter Rhein samt getrennter Trassenführung für Rad- und Fußwege. Auch für die zukunftsfähigen Energiemaßnahmen und -konzepte erhielt Lustenau internationale Auszeichnungen.

Mit dem Millennium Park verfügt Lustenau über ein Alleinstellungsmerkmal: Ein Gewerbegebiet, das einer Architekturexpo an Qualität in nichts nachsteht, gibt es in dieser Form wohl europaweit kein zweites Mal. Es beweist, dass auch Gewerbebauten einer übergeordneten Idee folgen können und sich Betriebe der Baukunst nicht verschließen müssen.

Als dem Breiten- und Spitzensport verpflichtete Gemeinde hat Lustenau viel in die Ausgestaltung seiner Sportanlagen investiert. Das Leichtathletikstadion ist tagsüber und abends für die gesamte Bevölkerung geöffnet und motiviert zu sportlicher Betätigung. Wie lautet der „Masterplan“ hinter all diesen Erfolgen? Antwort: Beteiligungskultur und die Qualität kommunaler Kommunikation. Manch ein Thema wird zu seiner Aufbereitung selbst baulich verortet: So entstehen temporäre Bauten, wie im Sommer 2014 das Feldhotel, das dem Diskurs anstehender Entwicklungen einen Ort und damit Bedeutung verleiht. Eher spielerisch, verbunden mit Gastlichkeit und Freizeitfeeling werden wesentliche soziale, raumplanerische und wirtschafspolitische Themen breit aufgemischt, abgesichert und tief bei den betroffenen BürgerInnen verankert.

All das gleicht einem groß angelegten Bildungsprogramm. Ein Beispiel sei das Habedere – ein Freizeitpark für Jugendliche von diesen selbst entwickelt, professionell architektonisch beraten und begleitet und in Folge von Jugendlichen selbstverwaltet. Oder das W:Ort: Ein Ort der Sprache – das persönliche Lieblingsprojekt von Bürgermeister Kurt Fischer, selbst ein studierter Philosoph. 

Unterstützt und angeleitet erarbeiten, entwickeln und spielen hier junge Menschen (mit) Ihre(r) Ausdrucks- Gestaltungs- und Artikulationsfähigkeit. MigrantInnen sind ausdrücklich willkommen. Schon sehr früh hat Lustenau einen Ausländeranteil von nahezu einem Viertel seiner Bevölkerung (womit es manchen Wiener Bezirk übertrifft) vorbildlich integriert. Der/die mündige, sprachfähige BürgerIn wird in Lustenau nicht als Gefahr gesehen sondern als große Zukunftsressource. In diesem Sinne ist Lustenau ein soziales und gestalterisches Gesamtkunstwerk.