Zusammen.Leben - eine Studie ergänzt das Leitpapier

Präsentation Studie Zusammen.Leben (22)

In Lustenau leben Menschen aus über 80 Nationen zusammen. Der Umgang mit dieser gesellschaftlichen Vielfalt ist im Leitpapier Zusammen.Leben verankert und zeigt auf, wie ein friedliches Zusammenleben und die Teilhabe aller an der Gesellschaft gelingen können. Beschrieben sind sechs Handlungsfelder mit Zielen, guten Beispielen aus der Praxis und Ideen für die Zukunft. Das Papier ist unter Mitwirkung Lustenauer Bürgerinnen und Bürger entstanden und wurde 2014 veröffentlicht.

2018 hat Ghassan Shleweet im Rahmen seiner Masterthesis an der FH Vorarlberg eine Studie mit konkreten Handlungsempfehlungen zum Thema "Förderung des sozialen Zusammenlebens in Lustenau" erstellt, die in einem vollen Rathaussaal am 14.11.18 präsentiert wurde.

Zunächst hat sich Shleweet auf einige Integrationstheorien berufen und diese in drei Untergruppen kategorisiert:

1. Unilaterale Integrationstheorien bzw. Assimilationstheorien: verstehen „Integration“ als Anpassung der Neuankömmlinge an die Aufnahmegesellschaft.

2. Alternative Konzepte zur Integration: fokussieren auf die Verantwortung der gesamten Gesellschaft und beruhen auf Partizipation, Chancengerechtigkeit und Anerkennung

3. Bilaterale Integrationstheorien: sind der Auffassung, dass der Begriff „Integration“ beibehalten werden solle, ihm jedoch eine neue Bedeutung zugeschrieben werden solle. Integration wird als Projekt verstanden, welches die gesamte Gesellschaft zur Teilhabe auffordert.

Für die Befragung wurden neben den Integrationstheorien auch Theorien der Sozialen Arbeit (Bedürfnis- und Machttheorien sowie das Modell der gelungenen Integration) miteinbezogen. Daraus konnten die angeführten 6 Themenbereiche für die Befragung abgeleitet werden. Anhand der Ergebnisse empfiehlt Shleweet folgende Interventionsmaßnahmen und Handlungsfelder:

Soziale Macht:

  1. Sprachförderung ist eines der wichtigsten Elemente. Dabei ist das Einbeziehen von Ehrenamtlichen wesentlich.
  2. Unterstützung bei der Jobsuche, im Sinne von Jobcoaching, aber auch Unternehmensgründungsberatung. Sensibilisierung von ArbeitergeberInnen, Fokus auf Corporate Social Responsibility, Kontaktpflege zu Lustenauer Unternehmen ist wichtig.
  3. Bildungsförderung: Erschließung der Ressourcen und Qualifikationen der Personen durch z.B. Bildungsberatung, Erweiterung der Kompetenzen, Projekte zur Elternarbeit.
  4. Wohnen: Unterstützung bei der Wohnungssuche, neue Projekte zum Thema (leistbares) Wohnen, wie sicheres Vermieten, Gemeinwesenprojekte oder Einzugsbegleitung beim gemeinnützigen Wohnbau.

Partizipation, Teilhabe:

  1. Förderung des Ehrenamts bei Personen mit eigener Migrationsgeschichte, durch Bewerben der Partizipationsmöglichkeiten in verschiedenen Sprachen und durch persönliches Ansprechen.
  2. Beteiligung: aktuelle Partizipationsstrukturen sollen gestärkt und neue Beteiligungsformate etabliert werden wo insbesondere auf die Diversität der TeilnehmerInnen bei BürgerInnenbeteiligungs-Prozessen geachtet wird.
  3. Integrationsbeirat als Beratungsgremium in den Fragen des „Zusammenlebens“.

Soziale Anerkennung:

  1. Bekanntmachen von Personen, die als Vorbilder (Role Models) dienen können. Das sollten Personen sein, die etwas im Sinne erfolgreicher Integration oder Inklusion erreicht haben.
  2. Zusammenarbeit mit „FürsprecherInnen“ oder BrückenbauerInnen aus verschiedenen sprachlichen oder ethnischen Gruppen.

Persönliche interkulturelle Kontakte und Freizeitverhalten:

  1. Schaffung öffentlicher Begegnungsräume, die auf erhobenen gemeinsamen Interessen beruhen, gefördert werden. Dabei kann auf Begegnungsprojekte bzw. –strategien anderer Gemeinden zurückgegriffen werden.
  2. Das Durchführen und Wiederholen erfolgreicher Veranstaltungen, wie Kilbi, Spielefest, Markt der Kulturen,…
  3. BrückenbauerInnen gewinnen, fördern, schulen und einsetzen zur Förderung persönlicher Kontakte.
  4. Zusammenarbeit mit lokalen Vereinen: Sensibilisierung im Thema Diversität, Veröffentlichung von guten Beispielen.
  5. Ermutigung der LustenauerInnen, mit Personen nicht deutscher Muttersprache Hochdeutsch zu sprechen.

Diskriminierung:

  1. Einzelfallarbeit bzw. persönliche Beratung mit dem Fokus der Förderung des Selbstbewusstseins
  2. soziale Gruppenarbeit: Fördern des Gemeinsamen und Miteinbeziehen von Nicht-Betroffenen
  3. Stärkung der WIR-Identität („Bei uns in Lustenau…“), z.B. durch alljährliche Flurreinigung, Förderung Ehrenamt und Freiwilligenarbeit
  4. Schulungen für Betroffene und Bewusstseinsbildung über Diskriminierung, wie z.B. Sensibilisierungstrainings an Schulen oder in Unternehmen. Die Vermittlung von Diversitykompetenz durch Schlüsselpersonen ist ebenfalls empfehlenswert.
  5. gezielte Öffentlichkeitsarbeit kann gegen Stereotype und Vorurteile wirken.

Die Ergebnisse der Studie bzw. Shleewets Handlungsempfehlungen wurden nach seiner Präsentation in vier Gruppen von den ZuhörerInnen diskutiert. Die Leitfragen dafür waren:

  1. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben?
  2. Was hat Sie überrascht, womit haben Sie gar nicht gerechnet?
  3. Was sind aus Ihrer Sicht die nächsten Schritte?
  4. Welche Ideen, die das Zusammenleben fördern, haben Sie?

Die Empfehlungen, die sich aus der Masterarbeit ableiten lassen, sowie auch die Anregungen aus der Diskussion des Publikums werden auf ihre Machbarkeit überprüft und nach Möglichkeit in die Projekte und Aktivitäten der Fachstelle für Zusammen.Leben Eingang finden. Gerade die Arbeit und Aufgaben im Bereich „Zusammen.Leben“ unterliegen aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die Anfordernisse verändern sich ständig. Nur durch regelmäßige Evaluierung der Programme sowie Diskussion in entsprechenden Entscheidungsgremien und mit der Lustenauer Bevölkerung kann die Fachstelle hier zielführend arbeiten und die richtigen Maßnahmen setzen.

Zum Nachschauen: Präsentation der Studie am 14.11.18

Leitpapier Zusammen.Leben in Lustenau

 

Zum Nachschauen: Ein Fest des Zusammen.Lebens im Feldhotel