News Mini Jobs bewähren sich 24. Januar 2017

Mini-Job

Dem Wohle der Allgemeinheit dienen und sozialen Charakter haben, das sind nur zwei Kriterien, denen gemeinnützige Arbeiten entsprechen sollen, die Asylwerber verrichten dürfen. In Lustenau, eine der ersten Vorarlberger Gemeinden, die die Beschäftigungsinitiative umgesetzt hat, zeigt sich, wie Integration funktionieren kann. Wir waren zu Besuch in der Bibliothek, wo sich zwei junge Männer einmal wöchentlich sehr darüber freuen, helfen zu können.

Sajed nestelt etwas nervös an seinen Fingern herum. Zu viert sitzen wir in der kleinen Küche der Lustenauer Bibliothek. Zwei Österreicher, ein Iraner und ein Afghane. Unsere gemeinsame Sprache ist deutsch und das schon erstaunlich gut. Sajed ist der gesprächigere der beiden Flüchtlinge, die seit ein paar Monaten Regale reinigen, putzen, aufräumen und Bücher sortieren. Er ist aufgeregt, jemandem erzählen zu können, wie sein Leben in seiner alten Heimat Iran war. Der Leiter der Bibliothek, Peter Ladstätter, beruhigt den 41jährigen mit einem kollegialen Schulterklopfen. „Ganz ruhig“, sagt er, „langsam, langsam“.

Tief holt der Mann Luft, dem man ansieht, dass die letzten Jahre nicht leicht für ihn waren. Sein Leben im Iran sei schön gewesen, sein Alltag war geprägt von der Arbeit als Händler und der Freizeit mit vielen Freunden und seiner Familie. Es ist ihm immer gut gegangen, bis zu dem Tag, an dem er nicht mehr arbeiten durfte. Die Polizei machte ihm nicht nur beruflich Schwierigkeiten, er wurde massiv bedroht, eingeschüchtert und drangsaliert. Sein Vergehen war so tragisch wie banal, er hatte die falsche Religion für seine Heimat.

Ich liebe Jesus und er mich

Mini-Job Bibliotheksleiter Peter Ladstätter (li) mit seinen Helfern Jusef Karimi aus Afghanistan (Mitte) und Sajed Mirsalimi aus dem Iran (re).

Sajed ist ein konvertierter Christ und betet jeden Tag für sich, seine Familie und dafür, dass er bleiben darf. In Lustenau geht er gerne in die Kirche, schätzt es, dass Menschen einander helfen und sagt, es kann nirgends auf der Welt so schön sein wie hier, denn „hier sind Menschen gut“. Christ zu sein, war im Iran, einer islamischen Republik, ein Problem. In Sajeds alter Heimat werden Minderheiten offiziell zwar anerkannt, aber vom Glauben „abgefallenen“ Muslimen droht die Todesstrafe. Deswegen ist er sehr dankbar, dass er in Lustenau ein sicheres Zimmer hat, das er sich mit vier anderen Flüchtlingen teilt. „Das ist mir alles egal“ meint er, nur endlich Bescheid wissen möchte er, ob er bleiben darf oder nicht. Und mehr arbeiten würde er gerne. Seine Arbeitszeit ist auf 27 Stunden im Monat begrenzt, seine Beschäftigung ist vorübergehend und darf keinen Arbeitsplatz für Einheimische gefährden.

Das Leben von A bis Z

Der Leiter der Bibliothek, Peter Ladstätter, ist mit beiden Helfern sehr zufrieden, deren Deutschkenntnisse sich von Woche zu Woche verbessern. „Für mich ist die gemeinnützige Beschäftigung die beste Form von Integration, die Flüchtlinge lernen Deutsch und wie unsere Arbeitswelt funktioniert. Sie können mit ihren Hilfsdiensten andere unterstützen.“ Nicht nur nehmen, sondern endlich etwas geben können, ist auch für Jusef ein Thema. Dem Namen nach klingt der junge Afghane, der eine fast jahrelange Flucht hinter sich hat, vertraut. Darüber, dass seine Frau auch noch Maria heißt, müssen wir alle lachen - Muslime und Christen. Das Lachen bleibt einem allerdings im Hals stecken, wenn man Jusef erzählen hört, was ihn dazu bewogen hat, seine Heimat zu verlassen. Obwohl er gläubiger Muslim ist, kommt er ins Visier des IS. Sein Onkel wird vor seinen Augen geköpft, seine Familie bedroht, der junge Mann soll kämpfen und in den Krieg ziehen. Doch Jusef will nicht töten, muss sich verstecken und kann nicht mehr arbeiten. Schnell wird ihm klar, dass er in Kabul, wohin sich seine Familie geflüchtet hatte, nicht bleiben kann. Den Österreichern ist er sehr dankbar, die Menschen seien warmherzig und gäben ihm eine Chance, die wenigen Stunden Arbeit im Monat liebt er. Das Reinigen der Regale, das Sortieren der Bücher, das alphabetische Einordnen und vor allem der Kontakt mit anderen Menschen helfen ihm, sein Heimweh zu lindern.

Start des Projektes: Mai 2016
Einsatzstellen: Hilfstätigkeiten ausschließlich für die Gemeinde: Parkbad, Bibliothek, Parkstadion, VS Kirchdorf, MS Rheindorf, Rathaus
Entlohnung: 4 € pro Stunde, nicht mehr als 110 € im Monat