News Archivale der Woche: Urkundenfund 8. April 2020
Mit der Serie „Archivale der Woche“ möchte das Team des Historischen Archivs den Leserinnen und Lesern einen Einblick in die Breite der schriftlichen Überlieferung zur Lustenauer Geschichte geben. Gleichzeitig möchte es aber auch veranschaulichen, wie anhand von mitunter unscheinbaren Dokumenten oder Gegenständen die Vermittlung von Geschichte möglich ist.

© Branz
Fund bei Bauarbeiten im Rathaus

Im Jahr 2017 wurde das Erdgeschoss des Lustenauer Rathauses grundlegend saniert, um den heutigen baulichen und serviceorientierten Erfordernissen eines Bürgerservices zu entsprechen. Dabei stießen die Bauarbeiter auf die eingemauerte Grundsteinlegungsurkunde, die dem Historischen Archiv zur künftigen Aufbewahrung übergeben wurde. Dort wurde die Urkunde aus dem als Zeitkapsel konzipierten und mit Wachs versiegelten Metallrohr befreit und kann seitdem eingesehen werden.
„Die Grundsteinlegung […] erfolgte“, wie dem Text zu entnehmen ist, „am 10. Juni 1956, also im 11. Jahre der zweiten Republik Österreich. “ Ein Neubau war aufgrund des sehr starken Wachstums der Gemeinde notwendig geworden, da das 1779 – ursprünglich als Schulhaus – gebaute alte Rathaus „zur Bewältigung der […] stark vermehrten Amtsgeschäfte nicht mehr genügen“ konnte.
Dem Zeitgeist entsprechend

Dem Verfasser des Textes, Bürgermeister Josef Bösch, war es wohl wichtig, den Neubau des Rathauses und die politische Entscheidungsfindung dazu in Beziehung zur damals noch jungen österreichischen Demokratie zu setzen. Neben einer Beschreibung des Entstehungsprozesses - von der Beschlussfassung zum Bau am 12. Mai 1954 über die Entscheidung der Wettbewerbsjury im Februar 1955 bis hin zur späteren Vergabe der Bauarbeiten - findet sich auf der Urkunde aber auch die Einbettung in einen größeren historischen Kontext: „Dass Lustenau trotz der durch die beiden Weltkriege 1914-1918 und 1939-1945 erlittenen großen Verluste an aufbauwilligen jungen Männern und an Volksvermögen heute blühender als je zuvor dasteht, verdankt es der Hilfe Gottes, dem unerschütterlichen Lebenswillen und der jedem gesunden Fortschritt gegenüber aufgeschlossenen, rastlos arbeitenden und aufwärts strebenden Bevölkerung. Möge das neue Rathaus jederzeit ein Symbol der Schaffenskraft und Einigkeit und ein Hort der Freiheit und Gerechtigkeit bleiben!“
Moderner Bau
Für die Planung des neuen Lustenauer Rathauses zeichnen die Architektin Adelheid Gnaiger und ihre Kollegen Paul Götsch und Walter Griss verantwortlich. Das im Jahr 1958 feierlich eröffnete Gebäude steht aufgrund seiner außergewöhnlichen architektonischen Qualitäten seit 2012 unter Denkmalschutz.
In den Jahren 1993 bis 1996 wurde es nach den Plänen der Architekturgemeinschaft Erich Steinmayr und Richard Dünser erweitert. Der Zubau, in dem das Bauamt untergebracht ist, wurde mit dem Österreichischen Bauherrenpreis ausgezeichnet.