News Interview: Ein „real Jazzclub“ und Institution seit 50 Jahren 7. Juli 2025

(c) Lukas Hämmerle
Die unzähligen Fotos an den Wänden des Jazzhuus in der Rheinstraße erzählen Musikgeschichte und von legendären Auftritten. Unvergessen die ersten Konzerte in der Linde und Krone, später dann im Jazzhuus. Seit der ersten Stunde mit dabei sind Martha Bösch, heute Obfrau, und Helmut „Hummel“ Gassner, einer der Gründer und Initiatoren, Schlagzeuger, langjähriger Programmgestalter und zuständig für die Konzerte.
Wie seid Ihr zum Jazz und der Jazz vor mittlerweile 50 Jahren nach Lustenau gekommen?
Helmut: Ich war schon als Bub jazzbegeistert, habe später Konzerte in Bregenz besucht, aber den endgültigen Anstoß hat Jupp Zeltinger, Urgestein vom Jazzclub Lindau, gegeben. Er hat uns ermutigt und auf Initiative des Kulturkreises im Umfeld von Fitz Struckl, Herbert Mayer und Dieter Zehentmayr fand 1975 das erste Konzert statt, bei dem Jupp Zeltingers Sextett gespielt hat.
Martha: Die Faszination Jazz hat mich schon beim allerersten Konzert in der Linde gepackt und seither bin ich mit Herzblut dabei und stolz, dass der dann 10 Jahre später gegründete Jazzclub nach wie vor zu den wichtigsten Jazzveranstaltern der Bodenseeregion zählt.
Dann ging es ja bald international und mit großen Namen weiter…
Helmut: 1975 folgten noch Konzerte mit Jeff’s Unit und Volker Kriegel, das erste Konzert mit amerikanischen Musikern war 1977 der Auftritt der Hannibal Marvin Peterson Group und es kamen richtig große Namen und Stars ihrer Zeit wie Dexter Gordon, Woody Shaw, Chet Baker, Betty Carter, Dee Dee Brigdewater und viele andere. Das waren legendäre Konzerte, mit 400 Leuten in der Linde, die Atmosphäre war einfach unglaublich/unbeschreiblich, da hat es geknistert und gebrodelt. Außerdem haben wir 1982 ein Jazzfest als allererstes Openair am Alten Rhein veranstaltet. Erwähnen möchte ich, dass es in all den Jahren und über 750 Konzerten nie zu Handgreiflichkeiten oder Auseinandersetzungen gekommen ist, was für die Musik und unser Publikum spricht.
War es nie ein Problem, die Größen des Jazz nach Lustenau zu bekommen?
Helmut: Wir hatten immer einen guten Namen, die Musiker schätzten und schätzen das besondere Flair im Jazzhuus, dem ehemaligen Zollhaus, in dem ich übrigens lustigerweise meine ersten Lebensjahre verbracht habe und das seit 1986 unser Club-Domizil ist, und haben immer wieder gesagt „That’s a real Jazzclub“. Und Jüngere bekommen große Augen, wenn sie das erste Mal hereinkommen und sehen, wer schon alles hier gespielt hat.
Martha: Die Musiker schätzen auch die konzentrierte Aufmerksamkeit des fachkundigen Publikums, dass die Leute wirklich herkommen um zuzuhören.
Gibt es Anekdoten, Erlebnisse, die Euch im Gedächtnis geblieben sind?
Helmut: Da gäbe es viel zu erzählen (lacht), lustige Erlebnisse, wenn man so nah bei den Künstlerinnen und Künstlern ist und interessante Begegnungen, denn Jazz ist ja nicht unpolitisch.
Martha: Früher hat es irgendwie mehr Originale gegeben, man ist manchmal lange zusammengesessen nach den Konzerten und es wurde damals mehr getrunken als heute. Die Jungen heute sind sehr fokussiert und diszipliniert, nehmen ihren Beruf glücklicherweise ernst.
Wie schaut der Jazzclub nach 50 Jahren in die Zukunft?
Helmut: Entspannt, nach über 750 Konzertveranstaltungen. Es kommen im Club junge Leute nach und nachdem wir anfänglich jeden Freitag ein Konzert hatten, was auf Dauer und im Ehrenamt kaum zu bewältigen ist, haben wir auf 14 bis 16 Konzerte pro Jahr reduziert. In dieser Form wird es wohl weitergehen.
Martha: Wir sind mit unserem Publikum, das uns treu geblieben ist und sich gar nicht großartig verändert hat und zu dem viele begeisterte Leute aus der Schweiz und dem süddeutschen Raum gehören, gealtert und gewachsen.
Feiert Ihr das Jubiläum auf besondere Art?
Helmut: Neben dem Auftritt von Jazzgerät bei der Hofkultur würde es mich schon noch jucken… mit dem Wegfall des Freudenhauses ist es aber schwierig geworden, weil das Jazzhuus einfach zu klein ist für eine größere Veranstaltung. Martha: Es hat 2025 wieder ein Jazzclübler-Gruppenbild gegeben. Das ist bereits eine liebgewordene Tradition, wo wir uns alle fünf Jahre richtig in Schale werfen.
„Wir sind mit unserem Publikum, das uns treu geblieben ist, gealtert und gewachsen.“
Hofkultur, 20. Juli, Jazzbrunch mit "Jazzgerät"
Jazzgenuss unter freiem Himmel verspricht das Konzert von „Jazzgerät“ in Kooperation mit dem Jazzclub: Die vierköpfige Band aus Frank Egli, Max Bösch, Walter Weber und Helmut Gassner spielt in der besonderen Atmosphäre des Gutshofs Heidensand. Neben Standards in eigenen Arrangements stehen auch Kompositionen von Pianist Frank Egli auf dem Programm, während die Gäste bei einem Picknick einen entspannten Sonntagvormittag genießen.