News Kriegsende und Ausrufung der Republik vor 100 Jahren – Teil II 15. November 2018

Diesen November jährt sich zum 100. Mal die Gründung der österreichischen Republik. Die in dieser Artikelserie präsentierten Auszüge aus lokalen Quellen sollen an das seinerzeit Geschehene erinnern.

Buch Albin Schmied Auf rund 350 handgeschriebenen Seiten dokumentierte Albin Schmid die Ereignisse des Ersten Weltkriegs.

Albin Schmid (* 28.01.1878, + 04.09.1959) war Ende des Ersten Weltkrieges 40 Jahre alt. Wie damals so viele andere Lustenauer auch, war er Landwirt und Sticker. Er führte ein handgeschriebenes Buch, das fast ausschließlich den Ersten Weltkrieg thematisiert. Zeitnah, wohl noch während des Krieges, erörterte er darin verschiedenste kriegsrelevante Themen. Bei vielen der Einträge hat Albin Schmid einfach den Krieg betreffende Kundmachungen aus dem Lustenauer Gemeindeblatt abgeschrieben. Er gibt jedoch auch in vermutlich selbst verfassten Vermerken spannende Einblicke in das damalige Lustenauer Alltagsleben.

Seine Kommentare veranschaulichen damit sehr gut seine Wahrnehmung des Kriegsendes und der damit einhergehenden Ereignisse rund um die Ausrufung der Ersten Republik am 12. November 1918. Die jeweilige Schreibweise wurde dabei behutsam der heutigen Orthographie angepasst.

Auf den 3. November 1918 und damit auf den Tag der Unterzeichnung des Waffenstillstandes mit Italien datiert, hält Albin Schmid die Aufhebung der Zensur fest und drückt seine Verachtung für diese „circa 500 Mann, [die] nur faule dumme Arbeit geleistet“ und „uns durch Jahre genug schikaniert und geplagt, die Schriften vernichtet und zurückbehalten [und] Expressbriefe entwendet [sowie] den armen ital[ienischen], rumänischen und russischen Gefangenen viele tausend Pakete gestohlen [hat]“ aus. Außerdem hätte die Zensur zwar „Millionen gekostet“, sei allerdings diese Behörde „eigentlich nur Handelsplatz und Protektionsort für die besseren Drückeberger“ gewesen.

Gleich im Anschluss daran stellt Albin Schmid unter der Überschrift „Republik Deutsch Österreich“ fest, dass „gleich den Tschechen, Ungarn, u[nd] Jugoslawen [… nun auch] die deutsch Österreicher die Republik proklamiert“ haben und zählt dann die „Mitglieder des Staatsrates“ namentlich auf. Ebenfalls auf den 3. November 1918 datiert ist der darauf folgende Eintrag darüber, dass der „Postverkehr [..] eingestellt [ist und] vorläufig nicht mehr aufgenommen [wird,] da das Räuberwesen auf Posten und allen Bahnen Platz gegriffen hat und [..] Begleitadressen u[nd] Frachtbriefe immer retour [kommen] mit dem Vermerk ,ausgeraubt‘. Die Post und Bahn übernehmen auch keine Haftung mehr.“

Dieser vorübergehende Zusammenbruch der Kommunikationsmittel zeigt sich auch in den weiteren von Albin Schmid festgehaltenen Zeilen, wenn es heißt: „Der Telefonverkehr ist unterbunden, der Telegraf funktioniert nicht nur mit der Schweiz nicht mehr, sondern auch im Inlande.“ Daneben beschreibt der Verfasser der Kriegschronik aber auch die „Auflösung der Armeen in Tirol u[nd] an der ganzen Südfront“ recht dramatisch. Interessanterweise fügt Albin Schmid an diese Ereignisse einen Einschub an, der auf den 28. Dezember datiert ist. Darin hält er unter der Überschrift „Vorarlberg“ die tags zuvor erfolgte Wahl der Landeshauptmannstellvertreter Ferdinand Redler, Franz Loser, Franz Natter und Fritz Preiß fest. Den damals eigentlich schon als Landeshauptmann bezeichneten Otto Ender führt er noch als „Landespräsident“. In dieses neu geschaffene Amt war Otto Ender am 3. November 1918 gewählt worden, als von Vertretern der Christlichsozialen, der Deutsch-Freisinnigen und der Sozialdemokraten eine provisorische Landesversammlung gebildet wurde und von dieser dann auch das Land Vorarlberg formal als unabhängig erklärt wurde.

Dass sich die staatliche Infrastruktur dann gegen Ende November auf dem Weg der Konsolidierung befand, vermittelt die im Lustenauer Gemeindeblatt vom 24. November 1918 veröffentlichte und auch von Albin Schmid festgehaltene Tatsache, dass ab „20. November 1918 [..] die Aufgabe von Einschreibbriefen, Geldbriefen, Post- und Zahlungsanweisungen sowie dringenden Paketen wieder zugelassen“ war und auch der „Telegrafenverkehr mit der Schweiz [..] wieder gestattet“ wurde.