„Staatsmeister des Malzes“ – Zwei Lustenauer erobern die Brauszene 18. Dezember 2025

Wenn man die Garage von Florian Kremmel betritt, glaubt man kaum, dass hier eine der erfolgreichsten Hobbybrauereien Österreichs zu Hause ist. Gemeinsam mit Dietmar Hollenstein produziert er Biere, die regelmäßig Staatsmeistertitel gewinnen – zuletzt sogar Preise bei internationalen Craftbeer Festivals. Die Erfolge der ehemaligen Kommandanten und stellvertretenden Kommandanten der Lustenauer Feuerwehr, die zudem sehr gute Freunde sind, blieben auch vor Bürgermeister Patrick Wiedl nicht verborgen, weshalb er die zwei Bierbrauer in ihrer „Wirkungsstätte“ besuchte.

01_20251125_MIK_284865_HiRes Lustenauer Braukunst auf Staatsmeister-Niveau: Florian Kremmel, Bürgermeister Patrick Wiedl und Dietmar Hollenstein stoßen auf eine Erfolgsgeschichte an, die in einer Garage begann und die Hobbybrauszene eroberte.

Ein Zufall mit Folgen

Was als reiner Zufall begann, ist heute eine beachtliche Erfolgsgeschichte: „Zum Bierbrauen kam ich wie die Jungfrau zum Kind“, beschreibt Florian Kremmel den Beginn seiner Leidenschaft schmunzelnd. „Ich glaube, es war im Jahr 2010, als mein Vater über den Obst- und Gartenbauverein einen Braukurs anbot, bei dem es zu wenige Anmeldungen gab – also hieß es: ‚Du gehst mit!‘ Ich hatte eigentlich keine Zeit, aber es hat mich sofort gepackt.“ Florian begann bald darauf, in seiner Garage zu experimentieren. An einem Ort, der sich schnell zu einer bemerkenswert professionellen Hobbybrauerei entwickelte. Ab 2017 wurde das Brauen zur regelmäßigen Beschäftigung. Dietmar kam im Jahr 2022, nachdem beide ihre Funktionen bei der Feuerwehr zurückgelegt haben und wieder etwas mehr Zeit hatten, dazu. 

Eine Garage schreibt Wettbewerbsgeschichte

20251205_MIK_284953_HiRes Zahlreiche Titel konnten die beiden Bierbrauer bereits gewinnen.

Was als Experimentierfreude begann, führte schließlich zu Wettbewerbsteilnahmen. „Wir wollten irgendwann wissen, wie gut wir im Vergleich zu anderen sind“, erzählt Florian. Und die Antwort darauf fiel eindrucksvoll aus: 16 Staatsmeistertitel bei verschiedenen Biersorten, dreifache Auszeichnung zur Brauerei des Jahres, zahlreiche Podestplätze und Erfolge unter anderem bei Bewerben, bei denen über 600 Biere eingereicht werden. Bei ihrem jüngsten Triumph, einem internationalen Wettbewerb in Bozen, wurden sie drei Mal Erster, ein Mal Zweiter und ein Mal Dritter.

Tüftler mit Präzision und Gefühl

Wer die beiden Lustenauer beim Brauen beobachtet, merkt schnell: Hier sind Perfektionisten am Werk. „Bierbrauen ist wie Kochen, nur viel genauer“, erklärt Florian. Hygiene, Temperatur, Zeit – jeder Schritt zählt. „Du musst sehr sauber arbeiten, sonst kann eine wilde Hefe das ganze Bier verderben.“ Dietmar ergänzt: „Das Brauen selbst ist vielleicht 50 Prozent der Arbeit. Danach kommt das Reinigen, Kontrollieren, Nachreifen. Aber genau das macht’s spannend.“ 

Über 50 Biersorten – von klassisch bis experimentell

Im Laufe der Jahre haben Florian und Dietmar mehr als 50 verschiedene Biersorten gebraut: klassische Stile wie American Pale Ale, Wiener Lager, Bockbier oder Porter, aber auch echte Spezialitäten. Ein korsisches Bier mit Maroni etwa oder das außergewöhnliche „Stille Nacht“-Porter, das auf brasilianischem Amburana-Holz vergärt und dadurch eine natürliche Tonkabohnen-Note entwickelt. „Wir probieren ständig Neues aus, die Temperatur spielt dabei oft eine entscheidende Rolle.“ Bei Weizenbieren etwa lässt sich je nach Gärführung steuern, ob das Bier mehr nach Banane oder Nelke schmeckt.

Vom Malz zum Bier – ein komplexer Prozess

02_20251205_MIK_284966_HiRes „Wir brauchen die Spelzen als natürlichen Filter, sonst wird das Bier später trüb“, erklärt Florian, während er eine Hand voll Malz zwischen den Fingern zerreibt.

Bereits beim ersten Arbeitsschritt, dem Schroten des Malzes, muss darauf geachtet werden, dass die Malzkörner geöffnet werden, ohne sie zu Pulver zu zermahlen. Bürgermeister Wiedl zeigt sich beeindruckt: „Ich hätte nicht gedacht, dass schon in diesem Schritt so viel Genauigkeit nötig ist“, sagt er. Florian lacht: „Ja, viele glauben, man wirft einfach alles zusammen. Aber jedes Korn hat seinen Zweck.“ Die Vielfalt des Malzes überrascht besonders, vom hellen Grundmalz über karamellisierte Sorten bis hin zu stark geröstetem Malz, das dunklen Bieren fast ein Kaffeearoma verleiht. 

Hopfen, Hefe und Geduld

03_20251205_MIK_284971_HiRes Das „Würzekochen“ bildet das Herzstück im Brauprozess und beeinflusst Qualität und Geschmack des Bieres.

Rund eineinhalb Stunden wird der Sud gekocht, bevor Hopfen zugegeben wird. „Beim Kochen lösen wir die Bitterstoffe, danach – kurz vor Ende der Gärung – kommt der Hopfen für das Aroma dazu“, erläutert Florian. „Das nennt man Kalthopfen. Da holen wir die fruchtigen Noten raus.“ „Habt ihr schon mal ein Bier komplett verloren?“, fragt der Bürgermeister. „Ehrlich? Nein“, antwortet Florian und klopft auf Holz. „Es gab zwar Sude, die anders wurden als geplant. Trinkbar waren sie aber immer.“ Rund sieben Stunden dauert ein Brautag, vom Schroten bis zum Einlagern der Gärung. Danach folgen Wochen des Wartens und Kontrollierens.

Bier als Geschenk, nicht als Geschäft

Trotz vieler Auszeichnungen bleiben Florian und Dietmar ihren Wurzeln treu: „Wir verkaufen keine Flaschen“, betonen sie. „Das ist unsere Philosophie. Wir brauen für uns, für Freunde und unseren Stammtisch. Wenn wir eingeladen sind, nehmen wir ein paar Flaschen als Geschenk mit, das ist ehrlicher als jedes Preisschild.“ Aber für die beiden Lustenauer ist das Bierbrauen noch viel mehr: „Wenn du ein Bier machst, das perfekt geworden ist, dann ist das wie ein kleines Kunstwerk“, schwärmen beide. Und wer einmal das Glück hat, ein Glas aus der „Kremmel-Oberfeld-Privatbrauerei“ zu kosten, versteht, warum die beiden keine Werbung brauchen.

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