News Weihnachts- und Neujahrswünsche des Bürgermeisters 23. Dezember 2021

Ein fröhlich und glückseliges Neujahr
allen lieben Mitbürgern und Lesern des Blattes!

Wieder stehen wir an der Schwelle eines neuen Jahres, das alte ist mit seinen Freuden und Leiden in das Reich der Vergangenheit hinabgesunken. Wohl erhofften wir alle von uns zu Beginn des scheidenden Jahrs eine Besserung unserer Lage. Unsere Hoffnung hat sich nicht erfüllt! Wenig wirkliche Freuden bot es uns, aber viele und mannigfache Opfer forderte das vergangene Jahr von den Bürgern der Gemeinde. Wie sich aber die Not der Unbemittelten steigerte, in jenem Maße erhöhte sich auch der Opfersinn der Bürgerschaft, wo es galt, die Not der Nebenmenschen zu lindern.

Ernst sind die Verhältnisse der jetzigen Zeit und trübe ist die Zukunft, niemand weiß, wo wir eigentlich landen und was uns die Zukunft bringen wird. Und trotz alledem sind noch so viele, aus dessen Tun und Treiben man schließen könnte, die Sonne des Glückes würde fortwährend scheinen. Lassen wir uns indessen hievon nicht beirren, halten wir an dem alten Grundsatze des echten Lustenau fest: „Spare in der Zeit, hast du’s in der Not.“ Aber auch dem andern edlen Zug der Lustenauer wollen wir auch in der Zukunft treu bleiben: mit freudiger Opferwilligkeit fest zusammenhalten, wo es gilt, die Not der Nebenmenschen zu lindern und zum Wohle der Gemeinde zu arbeiten.

Lustenau am 1. Jänner 1922

Jos. Hollenstein, Bürgermeister

Liebe Lustenauerinnen und Lustenauer!

In einer für uns heute unvorstellbaren Not wandte sich Bürgermeister Josef Hollenstein vor 100 Jahren an die Lustenauer Bevölkerung und appellierte an „den edlen Zug der Lustenauer“: fest zusammenhalten, wenn es gilt, die Not der Mitmenschen zu lindern und zum Wohle der Gemeinde zu arbeiten.

Diese Woche ist unser Lustenauer Corona-Krisenstab zum letzten Mal in diesem Jahr zusammengekommen, Anlass für einen Rückblick auf fast zwei Jahre Corona und für einen Ausblick auf das, was uns durch die hochansteckende Omikron-Variante in naher Zukunft noch bevorsteht. Diese Pandemie fordert uns alle auf vielfältige Weise heraus, sie mutet uns viel zu, manchen zu viel.

In Albert Camus’ Roman Die Pest schildert der Arzt Dr. Bernard Rieux, was man in solchen Heimsuchungen lernen kann, „nämlich dass es an den Menschen mehr zu bewundern als zu verachten gibt“. Gezeichnet von einer zunehmenden Pandemiemüdigkeit, eingeschüchtert durch Foren der Verachtung und Aggression, leidet unser Blick für das, was es an den Menschen zu bewundern gibt: für die vielen Zeichen des Zusammenhalts, der Solidarität und der Menschlichkeit, für die kleinen und großen Heldinnen und Helden dieser Pandemie – ich bin sicher, Sie können selber wunderbare Beispiele nennen.

Freilich, neben diesen Lichtblicken gibt es auch Entwicklungen, die zutiefst besorgniserregend sind. Meine Nachbarin wurde am Ende des 1. Weltkriegs geboren, eine tödliche Welle der Spanischen Grippe suchte gerade Lustenau heim, viele Väter, Ehemänner, Brüder kehrten nicht mehr aus dem Krieg heim. Als sie vierzehn war, wurde das Parlament durch den Austrofaschismus ausgeschaltet und als sie neunzehn war, begann die Schreckensherrschaft der Nazis. Dass sie nun miterleben muss, dass Ärzte, wie ihr Enkel, Drohungen ausgesetzt sind, ist erschreckend und fordert uns alle heraus.

Im Gegensatz zu meiner Nachbarin sind die meisten von uns mit der Selbstverständlichkeit der demokratischen Freiheit aufgewachsen. Nun stehen wir gemeinsam vor einer wichtigen Aufgabe: Wir müssen verhindern, dass unsere Demokratie von innen beschädigt wird.
Wir müssen der Entsolidarisierung, Radikalisierung und Verrohung in unserer Gesellschaft entgegenwirken. Besinnen wir uns am Vorabend der zu erwartenden Omikron-Welle auf die Kraft des Zusammenhalts. Dass sich jeder und jede von uns so gut wie möglich schützt, ist im Kampf gegen diese heimtückische Virus-Mutation ganz entscheidend. Die Impfung spielt dabei eine wichtige Rolle: Bitte nützt die entsprechenden Angebote, im Sinne eurer eigenen Gesundheit, zum Schutz von Menschen, die (noch) nicht geimpft werden können und zum Schutz unseres Gesundheitssystems. Ich habe die Qualität unserer medizinischen Versorgung in unseren Spitälern selbst intensiv erlebt und bin den Menschen dort unendlich dankbar. Sie verdienen höchsten Respekt und brauchen unsere Solidarität. Wie ihnen von manchen mitgespielt wird, macht mich tief betroffen.

Mit einem großen Dank für euren persönlichen Beitrag für unser Gemeinwohl wünsche ich euch eine frohe, erholsame und besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch in ein glückliches, und hoffentlich gesundes neues Jahr.

Euer Bürgermeister

Dr. Kurt Fischer