News Wenn die Seele krank ist: Gerontopsychiatrische Pflege hilft Menschen im Alter 27. April 2018

Im Laufe eines Lebens entwickeln Menschen oft ungeahnte seelische Kräfte, um mit schwierigen Situationen umzugehen. Doch im Alter reicht die Kraft oft nicht mehr aus, um neben körperlichen Beschwerden auch seelische Belastungen zu bewältigen. Ein neues Angebot des Krankenpflegevereins Lustenau – die ambulante gerontopsychiatrische Pflege - bietet Hilfe, wenn die psychische Gesundheit von Senioren leidet.

KPV_Manfred Schmidt_Gerontopsychatrische Pflege Die gerontopsychiatrische Pflege ist ein neues ambulantes Angebot des Krankenpflegevereins, der diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenpfleger Manfred Schmidt kümmert sich zusammen mit einer Kollegin um das seelische Wohlbefinden von älteren Menschen, die zuhause leben.

„In der ambulanten gerontopsychiatrischen Pflege kümmern wir uns um das seelische Wohlbefinden von älteren Menschen, die zuhause leben", beschreiben Karin Johler und Manfred Schmidt ihre Arbeit. Die beiden sind seit Oktober 2017 bzw. Februar 2018 beim Krankenpflegeverein Lustenau als psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflegerin tätig. Ihr spezielles Einsatzgebiet ist die Betreuung und Pflege von älteren Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen in Lustenau. „Diese Erkrankungen können zu Wesens- und Verhaltensänderungen führen, wobei der Grad der Veränderung sehr unterschiedlich sein kann. Zum Beispiel eine sehr milde Verlaufsform einer Demenzerkrankung oder eine dauernde motorische Unruhe und ein Getrieben sein.“

Hilfe, wenn die Seele aus dem Gleichgewicht gerät

„Die Betreuung von gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen braucht andere Rahmenbedingungen, die wir durch die ambulante gerontopsychiatrische Pflege gewährleisten können. Sie ist eine Ergänzung zu den bisherigen Leistungen des Teams der Hauskrankenpflege Lustenau“, erklären Karin Johler und Manfred Schmidt. „Unsere Betreuung richtet sich immer nach dem Einzelfall und beginnt mit einem Erstkontakt mit der betroffenen Person. Ihr Einverständnis ist eine grundlegende Voraussetzung. Wichtig ist, dass wir Vertrauen aufbauen, als Grundlage, um Entscheidungen zu treffen und den Klienten zu begleiten.“ Zeit, sich den älteren Menschen zuzuwenden, sei dabei wesentlich, ist ihr Tenor. Den alten Menschen – wie in der Hauskrankenpflege - ein selbstbestimmtes Leben in der gewohnten Umgebung ermöglichen, das Ziel.

Auf breiter Basis unterstützen

Möglichst lange zuhause leben zu können, ist der Wunsch der meisten Seniorinnen und Senioren. Doch wenn das Alter körperliche Einbußen mit sich bringt, kann auch die Psyche erkranken oder umgekehrt, wissen Fachleute. „Aufkommende Freudlosigkeit, spürbare Ängste oder sozialer Rückzug bei älteren Menschen sollten ernst genommen werden“, spricht Manfred Schmidt ein Tabuthema in vielen Familien an. Aus Erfahrung weiß er, wie schwer es oft fällt, über seelisches Leid offen zu sprechen oder professionelle Hilfe anzunehmen. „Aber schon die Gewissheit, dass man nicht alles allein bewältigen muss, kann dem älteren Menschen wieder Lebensmut geben und Angehörigen eine wertvolle Stütze sein. In vielen Fällen können wir durch unsere Arbeit eine Verbesserung, Beruhigung, Entlastung der Situation Betroffene, Angehörige und das Umfeld erreichen.“

Netzwerk für die Seele

Neben der Arbeit mit Betroffenen ist die Zusammenarbeit mit den Angehörigen, dem sozialen Umfeld und auch mit dem Hausarzt und Facharzt ein Schwerpunkt der Arbeit: „Es geht um Aufklärungs- und Informationsarbeit, Schulung und Beratung im Umgang mit gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen, Symptome verstehen und richtig darauf reagieren". Wir wollen die Belastungen für alle Beteiligten möglichst gering halten und ältere Menschen darin stärken, mit dem Leben im Alter selbstbestimmt umzugehen oder ihre Eigenverantwortung zurückzugewinnen." Die Dauer der Betreuung durch die ambulante gerontopsychiatrische Pflege sei zeitlich begrenzt, richte sich aber immer nach dem Einzelfall. Sie kann also wenige Wochen sein aber auch über Monate andauern.

Was bedeutet Gerontopsychiatrie?

Die Gerontopsychiatrie ist ein Zweig der Psychiatrie und befasst sich mit der Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von psychischen Störungen im höheren Lebensalter. Mehr als 30 % der über 65-Jährigen sind an einer behandlungsbedürftigen seelischen Störung erkrankt. Auch besteht eine enge Wechselwirkung mit den körperlichen Erkrankungen, die wiederum sind oft Ursachen psychischer Störungen oder können diese verstärken. Andererseits sind psychische Störungen oft der Grund für die Entstehung oder Verschlimmerung körperlicher Erkrankungen. Die wichtigsten Krankheitsbilder der Gerontopsychiatrie sind Demenzerkrankungen, Depressionen und Ängste, Suchterkrankungen und Verwirrtheitszustände aufgrund körperlicher Ursachen.