News Vor 70 Jahren: Kriegsende in Lustenau 6. Mai 2015

Kanonen

Vor rund 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg in Lustenau am 2. Mai 1945 mit der überwiegend friedlichen Besetzung der Gemeinde durch die französische Armee. Ein Großteil der Bevölkerung begrüßte die fremden Soldaten mit Jubel.

Am Tag zuvor, am 1. Mai 1945, hatten französische Tiefflieger ein Haus in der Holzstraße in Brand geschossen und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Noch am selben Tag ließ dann der damalige Bürgermeister Oskar Alge die Gemeinde weiß beflaggen, um weitere Kampfhandlungen zu vermeiden. Daraufhin wurde er von der Kreisleitung abgesetzt und von der SS mit dem Tod bedroht. Die weißen Flaggen wurden wieder eingeholt und gemeinsam mit seiner damals 31 Jahre alten Tochter Hildegard konnte Oskar Alge in ein Versteck flüchten.

In den von ihrem Enkel Daniel Zadra im Jahr 2006 aufgezeichneten Lebenserinnerungen „Ein Jahrhundert. Hildegard Bösch, geborene Alge erzählt“ findet sich eine dramatische Schilderung der damaligen Ereignisse:

Zeitzeugenbericht von Hildegard Bösch

„Als es dem Ende zuging, die Elsässer waren schon in Bregenz und begannen das Ländle zu überfluten, befahl er [Oskar Alge], die weißen Fahnen zu hissen. Er sah das Ende des Krieges kommen und wollte so das Schlimmste verhindern. Es gab aber immer noch Fanatiker, die das nicht wollten. [… Sie suchten] den Vater, […] sie wollten ihn erschießen. Wir versteckten uns in einem kleinen dunklen Räumchen bei der Luise. In der Nacht, es regnete in Strömen, konnten wir zu ,Zieglers Willi‘, dies war ein Sticker, anderer Meinung als wir, also ein Schwarzer, ein Kassiner.

Dieser schätzte meinen Vater, trotz der anderen politischen Meinung sehr und so gewährte er uns Zuflucht und wir konnten uns im Dachboden verstecken, dort wurde uns ein Lager errichtet. Am nächsten Morgen kam Onkel Ernst, der Bruder, und holte uns, er sagte: ,Oskar, Du kannst kommen, die Feinde sind im Land.‘ Für mich waren es zu diesem Zeitpunkt keine Feinde mehr, ich war froh, dass alles vorbei war.“

Freude über das Kriegsende überwog

Abgebranntes Haus Holzstraße Die ausgebrannte Ruine in der Holzstraße nach dem Luftangriff.

Dass die meisten Menschen in Lustenau letztlich einfach froh waren, dass nun endlich alles vorbei war, dürfte damals wohl, wie auch aus Zeitzeugeninterviews hervorgeht, die überwiegend vorherrschende Meinung in der Bevölkerung gewesen sein. Die Versorgungslage war miserabel, fast jede Lustenauer Familie hatte unter den über 400 Gefallenen mindestens einen Toten zu beklagen und auch das Ausmaß und die Tragweite der Verbrechen des NS-Regimes, das ja über lange Zeit von weiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen worden war, wurden nun allmählich klar und deutlich öffentlich ersichtlich.

Volkssturm sorgte für öffentliche Ordnung

Für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in den „letzten Tagen“ bis zum Einzug der französischen Armee in der Gemeinde sorgte größtenteils der örtliche Volkssturm. So konnte u.a. die Plünderung eines Güterzuges am Lustenauer Bahnhof in geordnete Bahnen gelenkt werden. Wie aus einem Bericht des damaligen Volkssturmkommandanten Franz Hämmerle hervorgeht, stand dieser bereits einen Tag vor dem Einmarsch mit den Franzosen in Kontakt und sorgte bei deren Eintreffen für eine geordnete Übergabe der Gemeinde.

Der französische Platzkommandant setzte in der Folge umgehend wieder Oskar Alge als Bürgermeister ein, der dann am 5. Mai von Ferdinand Jussel in dieser Funktion abgelöst wurde. Beim weiteren Vorstoß der französischen Armee nach Hohenems kam es noch am 2. Mai 1945 am Seelachendamm zu Gefechten mit SS-Truppen, bei denen vier französische Soldaten ihr Leben verloren. In der darauffolgenden Nacht wurde u.a. Götzis von in Lustenau stationierter Artillerie beschossen.